Montag, 15. Juli 2013

Komponieren mit Patterns 3 - Ungerade Takte

Aus zwei oder drei in rhythmischen Variationen wiederholten Tönen etwas zu machen, dass mich selber fasziniert, diesen Kompositionsansatz, der für mich sehr wichtig ist, habe ich ja bereits skizziert.

Von diesem Ansatz aus erschließt sich mir eine Vielzahl interessanter Möglichkeiten:

1. Ungerade Rhythmen:
Angesichts der Freude, die mir Patterns machen, die einen geraden 4/4-Beat umspielen, Spannung erzeugen durch von diesem regelmäßigen Referenzrahmen abweichende Akzentuierungen ist es natürlich naheliegend, den Referenzrahmen an sich sperriger und somit spannungsreicher zu machen durch eine ungerade Pulsanzahl: 7, 11 oder eben 17 wie bei der Komposition Szhenieb:



Das Stück habe ich 2006 erstmals im Duo mit Schlagzeuger Florian Dietz aufgeführt, nun greife ich es gerade mit Para Hybrid & Genia Mascara wieder auf.

Lange bevor ich mich theoretisch damit beschäftigt habe, bin ich diesem Modell - wiederholende Patterns in ungeraden Takten immer wieder als Intros oder Zwischenspiele in Kompositionen Ian Andersons für Jethro Tull begegnet, was sie zu einem selbstverständlichen, naheliegenden Teil meines musikalischen Imaginations-Repertoires gemacht hat: wenn mir ein Pattern "aus dem Nichts" in den Kopf kommt, ist es häufig derartig strukturiert.

Als zweites Beispiel Dishöz:





Zur Binnenstruktur beider Stücke:
Szhenieb ist ähnlich aufgebaut wie Rigidur (ABBA-Form), nur das an die Stelle identischer Wiederholungen Varianten treten: A (3 Pulse) B (5 Pulse) B Var. (6 Pulse) A Var. (3 Pulse) Während A variiert wird indem einen Ganzton tiefer gespielt wird, wird bei der Variante von B ein Puls hinzugefügt. Ein wesentlicher Unterschied, schließlich wäre das gesamte Pattern sonst 16 Impulse lang und somit gerade.

Die Struktur von Dishöz ist als A (7 Pulse) B (6 Pulse) A (7 Pulse) B Var. (5 Pulse) beschreibbar. Hier ist der ungerade Charakter schon in der Kombiation A und B (13 Pulse) angelegt, was die identische Widerholung von A wie eine Variation wirken lässt, da sie einen der Hörerwartung - da ja sehr viel Musik sich in geraden Takten abspielt - zuwiderlaufenden Akzent setzt.

Weitere Möglichkeiten werde ich demnächst ausführlicher ansprechen, hier ein Ausblick, was zu erwarten ist:

2. Die 3 als rhythmische Basis:
Fasziniert von Musikern wie Boubacar Traore aus Mali habe ich Rhythmen für mich entdeckt, denen die Dreiteilung des Pulses zugrunde liegt, vor allem den 12/8-Takt. Aus dieser Entdeckung speisen sich meine Kompositionen der Gruppe "Fake African Memories" Mascara, Transit, Gogokokoroko Spryh und Void. Diese Stücke habe ich zunächst in Liedform komponiert, mit aufeinander folgenden Phrasen (Warum jetzt Phrasen und nicht Patterns? Dazu später mehr...).

3. Polyphonie und Polyrhythmik:
Die Fake African Memories in Liedform waren für mich der Ausgangspunkt für die Dekonstruktion eben dieser Liedform hin zur Gleichzeitigkeit aller zuvor aufeinander folgenden Phrasen. Wegweisend war dabei zum einen der Höreindruck der Gesänge der Pygmäen und die intensive Beschäftigung mit Simha Aroms Analysen zu zentralafrikanischer Musik.

Und darüberhinaus:

4. Improvisation als Kombinatorik bestimmter Elemente innerhalb eines gemeinsamen rhythmisch-melodischen Rahmens

5. Rhythmus zwischen gerasterter und fließender Zeit

6. Computer-Generieren von Patterns und Patternkombinationen

7. ...

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