Mittwoch, 3. Juli 2013

Komponieren mit Patterns 2 - Welche Mittel, welche Komplexität?



Hier nochmal ein genauerer Blick auf die in "Komponieren mit Patterns 1" vorgestellten Patterns. Alle Drei werden über einen geraden 4/4-Beat mit Kickdrum auf der 1 und 3, Snare auf der 2 und 4 gespielt. Das Tonmaterial besteht jeweils aus zwei Tönen. Bei Rigidur und Decrule bilde ich aus diesen zwei Tönen jeweils eine Pattern-Kernzelle aus drei Impulsen, Bei Haeree besteht diese Kernzelle aus zwei Impulsen. Das jeweilige gesamte Pattern "erwächst" nun aus diesen Kernzellen, wobei auf zwei Ebenen "Mutationen" bzw. Variationen geschehen:

1. Die Position: die Kernzelle wird entweder an identischer Zählzeit wiederholt, so bei "Haeree" in allen vier Takten auf der 1 +. Oder die Wiederholung geschieht nicht auf der gleichen Zählzeit, wie bei Rigidur, wo die Kernzelle auf dem sechsten Sechzehntel des ersten Taktes wiederholt wird. In diesem Fall verschiebt sich die interne Akzentuierung der Figur vom ersten auf den dritten Ton, die Figur erfährt eine andere Gewichtung.

2. Interne Variation: die Kernzelle wird nicht in genau identischer Form, sondern verändert wiederholt. Bei Rigidur findet sich eine Variante, bei Haeree Drei, bei Decrule sind es Vier.


Zur Struktur der Patterns

Bei Rigidur habe ich aus den gerade beschriebenen Variationsmöglichkeiten (Position, interne Variation) zwei verschiedene Takte gebildet, die in umgekehrter Reihenfolge wiederholt werden, die Struktur ist also ABBA.

Haeree ist geprägt von einem jeweils identischen Taktanfang, gefolgt von verschiedenen Variationen, die eine ABAC-Struktur ergeben.

Die von mir behauptete Komplexität bezieht sich hier also nicht auf den Gesamtaufbau der beiden Patterns, der ja sehr schlicht ist. Der Eindruck des Sperrigen, Vertrackten speist sich hier vielmehr aus der Umspielung des 4/4-Beat, aus der deutlichen Differenz der Akzente der Patterns zu dieser regelmäßigen Referenz.

Die Varianten bei Decrule sind nicht so eindeutig strukturiert, sondern ergießen sich freier über das gesamte Pattern.


Meine Assoziation zu dieser kompositorischen Vorgehensweise ist das Drehen und Wenden einer Sache, um von immer neuen Blickwinkeln darauf zu schauen, das Verweilen bei einem Thema, immer neu ansetzend, ob sich nicht noch eine weitere Art findet, um das Selbe zu sagen. Dieses Drehen und Wenden, neu ansetzen ist hier jeweils auf vier Takte beschränkt - bei Aufführungen liegt es nahe, die Varianten durch Unterschiede im Mikrotiming noch weiter auszureizen und aufzufächern und so diese Beschränkung als Ausgangspunkt für weitere Vielfalt zu nehmen, oder, wie in den elektronischen Varianten der Stücke durch wechselnde Kombinationen mit verschiedenen anderen Stimmen den Kontext und damit auch die Wirkung der Patterns zu verändern.

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