Donnerstag, 18. Juli 2013

Klang-Körper-Rhythmus-Labor



Heute ist im Tatwerk das fortlaufende Klang-Körper-Rhythmus-Laboratorium gestartet, dass ich mit Jennie Zimmermann in Berlin nun 2 mal im Monat betreibe. Zwei intensive Stunden mit spannenden Erfahrungen und Begegnungen.

Der Ausgangspunkt, so ein Laboratorium ins Leben zu rufen war die Feststellung in unserer Duo-Arbeit, dass wir beide musikalische, künstlerische Ideen haben, die über den Duo-Rahmen hinaus gehen und sich auf ein soziales Feld, auf Gruppe beziehen. Überhaupt Musik zu machen interessiert mich vor allem als soziale Interaktion innerhalb einer Gruppe, was ich nicht zuletzt daran feststelle, dass Tracks, die ich alleine mit Musiksoftware erstellt habe, für mich in der Regel den Stellenwert von Skizzen haben. Offensichtlich sind die zwischenmenschlichen Aspekte für mein Befinden essentieller Teil der Sache, nicht immer, aber sehr häufig unabdingbar um gefühlt "gültig" zu sein. Blabla, bitte um Entschuldigung für die gedrechselte Ausdrucksweise.

Unsere Einladung:

Wie entsteht über Zuhören, Kommunikation und Aktion ein rhythmisch/klangliches intensives Spannungsfeld, das als Gruppe verbindet und gleichzeitig Platz bietet für musikalische Individualität und flow?

Auf der musikalischen Basis von minimalistischen Strukturen und polyrhythmischen Grooves,
die Monotonie und Fülle verbinden eröffnen wir einen Forschungsraum,
in dem Stimme, Klang und Körper im Fokus stehen,
um Harmonie und Dissonanz, Polyphonie und Polyrhythmik zu vernetzen und zu explorieren.

Für das Lab bieten wir Ideen und Strukturen und ein Warm Up, basierend auf Stimm- und Bewegungstechniken, Obertongesang und der Contact Improvisation.
Wir folgen dabei unserer Sehnsucht nach Erfahrungen gemeinschaftlicher, sinnlicher Intensität im performativen Rahmen und freuen uns auf wache, kritische und enthusiastische Zeitgenossen.



Die wachen, kritischen und enthusiastischen ZeitgenossInnen und -nen haben uns mit ihrem Erscheinen beglückt und wir haben heute bei ganz grundsätzlichen Aspekten des Rhythmischen angesetzt, bei der paradoxen Gleichzeitigkeit von Diskontinuität und Kontinuität, die dem Rhythmischen eigen ist:

Rhythmus basiert auf der Abfolge von Impulsen, die als voneinender getrennt erlebt werden, diese Abfolge gewinnt aber erst dann die Qualität des Rhythmischen, wenn sie diese Impulse zu einer Einheit, einer Zeitgestalt, verschmilzt. Sowohl dass Denken in eindeutig definierbaren Tempi, Takten, Notenwerten als auch das Einfühlen in unendlich abgestufte und damit fließende Qualitäten von Gestalt, Gestus und Kontrast - Rhythmus verbindet diese sich für gewöhnliche ausschließenden Wahrnehmungsweisen, schafft eine "Oszillation zwischen Inkomensurablem", wie die Philosophin Simone Mahrenholz in ihrem gleichnamigen unbedingt lesenswerten Aufsatz ausführt (in: Geteilte Zeit. Zur Kritik des Rhythmus in den Künsten, Hrsg.: Patrick Primavesi und Simone Mahrenholz).

Praktisch haben wir dies anhand von Bewegungen erkundet, die tendenziell eher den einen oder den anderen Modus nahelegen, also die eindeutigen Impulse von Schritten einerseits mit fließenden Roll- und Wälzbewegungen andererseits verglichen und in Beziehung gesetzt und nicht zuletzt erkundet, welche Gesangsimpulse derartige Bewegungsqualitäten nahelegen.

Frappierend war für mich, wie sehr ich rhythmische Konstellationen schätze, die Spannung und Reibung durch gegenläufige Akzentsetzungen erzeugen und wie sehr es dafür starke Gegenüber braucht, mit denen ein intensives "Gegeneinander-Miteinander" möglich ist. Musikalisch ist mir dies schon lange klar, aber die sozialen Implikationen sind mir heute stärker als zuvor aufgefallen.

Freu mich auf die kommenden Labore…

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